Seit 1947 gibt es Restaurierungswerkstätten im GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig. Die Restauratoren haben die Aufgabe, die unterschiedlichen Objekte möglichst gut zu schützen, zu pflegen, zu erhalten und ihren Gebrauch und Einsatz anhand ihrer Gebrauchsspuren für eine wissenschaftliche Bearbeitung und die Museumsbesucher nachvollziehbar und erlebbar zu machen. Seit Bestehen der Restaurierungsabteilung werden alle Untersuchungsergebnisse und Maßnahmen in Restaurierungsprotokollen festgehalten, und wir besitzen ein großes Archiv zur Geschichte der Restaurierung in unserem Hause.

Die Objekte unserer Sammlung werden kontinuierlich auf ihren Erhaltungszustand und  mögliche Schäden oder Materialveränderungen hin überprüft. Wenn also am Montag das Museum für unsere Besucher geschlossen ist, muss sich das eine oder andere Objekt dem kritischen Restauratorenblick stellen.

Auch werden die Klima-, Licht- und Sicherheitsbedingungen überprüft. Ist ein Eingriff notwendig geworden und der „Patient“ in eine unserer, nach materialspezifisch spezialisierten Werkstätten gelangt, stehen am Anfang einer jeglichen Restaurierungsmaßnahme die Untersuchung der verwendeten Materialien und Herstellungstechniken. Schon allein die Identifizierungen der vielfältigen, uns oft fremden Materialien und Materialkombinationen stellen hohe Anforderungen an unsere Kenntnisse und Erfahrungen. Hierbei arbeiten wir eng mit Naturwissenschaftlern zusammen, die anhand von physikalischen oder chemischen Untersuchungen wichtige Arbeitsgrundlagen beitragen.

Aufwändig ist es häufig, der Herstellungstechnik eines Objekts auf die Spur zu kommen: Viele historische Techniken sind auch in den Ursprungsländern der Objekte nicht mehr bekannt und erst recht nicht mit uns vertrauten europäischen Herstellungsmethoden vergleichbar. Die Dokumentation noch funktionierender und angewandter Fertigungstechniken und der Dialog mit den Menschen, die diese Methoden noch beherrschen, gewinnen deshalb zunehmend an Bedeutung. Schon aus diesem Grund ist uns die Zusammenarbeit mit den Ethnologen ausgesprochen wichtig.

Durch Alterung und äußere Einwirkungen geschädigte Objekte werden, nach den oben genannten Abklärungen und Recherchen, in unseren Werkstätten behandelt. Alle Überlegungen und angewandten Maßnahmen werden sowohl fotografisch als auch schriftlich in unserer Datenbank dokumentiert und archiviert.

Ein weiterer Tätigkeitsbereich ist die konservatorische Betreuung des Leihverkehrs. Das GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig erhält von nationalen und internationalen Museen Leihanfragen für Objekte, die auf Ausstellungen gezeigt werden sollen. Gleichzeitig stellt es selbst für eigene Ausstellungen Leihgesuche bei anderen Museen und Privatsammlungen. In enger Zusammenarbeit mit unseren Museologen werden die Ausstellungs- und Klimabedingungen der fremden Museen vor der Ausleihe angefragt, der Erhaltungszustand der Objekte überprüft sowie die Erfordernisse der Verpackung definiert und überwacht. Gegebenenfalls müssen besonders empfindliche Werke auf ihrer Reise begleitet werden.

Die Geschichte der Objekte unserer Sammlung  wurde nicht nur von Menschen geschrieben, die sie hergestellt oder verwendet haben. Ethnologen, Historiker, Kunsthändler, Kunstliebhaber und Touristen haben Gegenstände fremder Welten gesammelt und sie durch ihre neue Nutzung in andere Kontexte gestellt. So ist die Geschichte der Objekte in unserem Museum immer auch in Teilen die Geschichte ihrer Sammler. Bei einer Restaurierung geht es deshalb auch nicht „nur“ um die Reparatur von Schäden und den physischen Erhalt der Dinge. Unsere Objekte sind Erinnerungsträger und die Entscheidung für ihre Erhaltung spiegelt auch die heutige Reflexion auf unsere und die Welt anderer Völker wider.